Mitteilungsblatt November 2017

Beton in Bewegung

Am 22. Juni 2018 sind fünfzig Jahre seit der Weihe der Konzilsgedächtniskirche vergangen. Der Raum dieser Kirche hat nichts von seiner Frische und Kraft verloren. Er ist zu lieben, dieser weite Raum, den fassadenartige Wände umstehen wie einen Platz, den das Licht des hellen Tages erfüllt und der einen im Dunkel geborgen sein lässt wie in einer Grotte. Es ist wunderbar, barfuß oder in Socken auf dem Teppichboden zu gehen. Die Kinder entdecken das als erste. Sie laufen und spielen. Ja, es ist ein Raum für Menschen in Be-wegung, für solche, die sich bewegen lassen und etwas ahnen vom Strömen einer großen Liebe. Die quadratische Konzilsgedächtniskirche ist von den Ecken aus zu betreten. Es gibt keinen Haupteingang, kein dominierendes Kirchenschiff. Diese Architektur verweigert sich dem, was im 20. Jahrhundert so beliebt war: dem mächtigen Anspruch einer Aufmarschstraße. Sie sammelt vielmehr von allen vier Seiten, aus allen Himmelsgegenden sammelt sie zu einer Mitte hin und verdichtet das Gesammelte. Im Zentrum steht der mächtige Stein des Altars, kein Mensch. Kinder lieben diesen Ort, wenn sie unter dem Altar Zuflucht suchen. Was hier stattfindet, ist gemeinsames Tun, Singen, Beten, Reden, Hören, Loben, Preisen, Klagen, Fragen, Suchen.
Das eintönige Grau des Betons ist vielgestaltig, keine der Wellen der gegossenen Leichtbetonblöcke gleicht einer anderen. Hier ist unmittelbar zu erfahren, was wir im Pfarrgemeinderat als Motto des 50-Jahr-Jubiläums der Konzilsgedächtniskirche gewählt haben: Beton in Bewegung. Das Starre, scheinbar Unwandelbare bricht auf, Neues wird möglich, Neues kommt zum Vorschein. Gegenseitig bewahren wir uns davor zu meinen, schon fertig zu sein mit dem Leben, dem Glauben, der Welt, der Kirche. Im Grunde genommen ist die Konzilsgedächtniskirche ein Bau des Anfangs. Denn diesen nackten Wänden, diesen weißen Flächen ist nichts mehr zu nehmen. Wie ein Rohbau steht sie da. Alles Schmückende, Anheimelnde fehlt. Aber es wäre falsch, nun damit zu beginnen, es sich in diesem Raum einzurichten. Bilder an die Wände, Farben ins Weiß und Grau, Vertrautes ins Fremde – wer so vorginge, hätte missverstanden, was die Botschaft des Raumes ist. Er sagt uns: Ihr seid nicht zuhause in dieser Welt, nur vorübergehend ist der Aufenthalt, Gebor-genheit gibt es letztlich nur in der Zuwendung zueinander und zu Gott, ihr könnt einen Ort der Ankunft schaffen, der zugleich immer der Ort eures Aufbruchs ist. Das ist kein bürgerliches Programm. Es ist aber uns Glaubenden angemessen.
Und endlich: Zur Kommunion versammelt sich die Gemeinde um den Altar, entlang der ersten Stufe; Zugang am besten durch die Mittelgänge, zurück dann nach den Seiten hin. Die Kommunionspenderinnen und Kommunionspender bewegen sich entlang der Stufe. So kommt schön zum Ausdruck, dass wir als Feiernde, als Gebende und Empfangende um den Altar versammelt sind.
Viel Freude in der Konzilsgedächtniskirche – und an ihr.

Gustav Schörghofer SJ