Das große Ja
In „Die Buddenbrooks“ erzählt Thomas Mann gegen Ende des Romans auch die Geschichte von Hanno, des jüngsten Nachkommens der Familie. Er erkrankt schwer. Es geht um Leben oder Tod. Thomas Mann schildert, wie der junge Hanno Buddenbrook im Verlauf der Krankheit vor eine innere Wahl gestellt wird. Entscheidet er sich für das Leben? Oder willigt er ein zu sterben? Hanno verschließt sich der „Stimme des Lebens“. Da ist nichts, was ihn hält. Er stirbt.
Was hält mich am Leben? Was bewirkt in mir jenes oft unausgesprochene aber rettende Ja? Vielleicht lässt es sich gar nicht sagen. Denn dieses Ja muss aus Freiheit gesagt werden, und was aus Freiheit geschieht, lässt sich nicht weiter begründen. Doch die Freiheit muss geschenkt, eingeräumt werden. Was schafft der Freiheit Raum? Es ist schlicht gesagt erfahrene Bejahung, erlebte Liebe.
„Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt werden wird.“ (Mt 10,26) Jedes Ja und jedes Nein, und mögen sie noch so sehr im Verborgenen gesagt werden, wird seine allgemein erkennbaren Auswirkungen haben. Wie kann heute ein Ja zum Leben aussehen, und was sind die Voraussetzungen, dass dieses Ja in Freiheit gesprochen werden kann? Es sind zwei Dinge, die ich für wesentlich halte: die Wahrnehmung und Pflege des Einfachen und die Entdeckung und Übung der Wertschätzung.
Wir leben in einem wirtschaftlichen System, zu dessen Erhaltung der Konsumismus unerlässlich ist. Das Christentum hat wesentlich mit Konsum zu tun, schließlich soll das Brot des Lebens, der Leib Christi, gegessen, konsumiert werden. Doch im Gegensatz zum Gott der Bibel, einem Gott der Liebe zu allem Geschaffenen, verschlingt der Gott des Konsumismus alles Vorhandene in unersättlicher Gier. Die Liebe pflegt und bewahrt, die Gier zerstört. Auf einem fiebernden und von Krankheit gefährdeten Planeten haben Christen die Wahl zwischen Ja und Nein. Nein bedeutet weiter zu machen mit der entfesselten Ichsucht von Individuen, Gruppen und Nationen. Ja bedeutet, in einem einfachen Leben den Blick für den Anderen offen zu halten und das Ja als Wertschätzung des Belebten und Unbelebten Gestalt werden zu lassen. Einfach leben bedeutet einen Konsum, der in mir die Ehrfurcht vor dem Konsumierten wachhält. Konsum bedeutet Kommunion. Konsumierend kommuniziere ich mit der Welt und wachse in zunehmende Verantwortung ihr gegenüber hinein. Konsumierend wächst in mir so auch die Wertschätzung dessen, was mir gegeben, geschenkt, anvertraut ist. Das ist der Weg des großen Ja, das aus der Freiheit kommt und in die Freiheit führt.
Einen schönen Sommer! Gustav Schörghofer SJ
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