…von sehr großer Freude erfüllt
Ein kleines unscheinbares Ereignis brachte an Weihnachten vor 70 Jahren Glanz in die Stadt, die immer noch vom Krieg gezeichnet war. Franz Pollheimer aus der Josefstadt berichtet davon, dass seine zwei kleinen Buben neben bescheidenen Spielsachen auch weiße, lange Nachthemdlein vom Christkind geschenkt bekommen hatten. Einige Tage nach dem Heiligen Abend wollte der Ältere sein Nachthemd als ein Unterkleid für ein Königskostüm verwenden und erbat sich von seiner Mutter einen bunten Königsmantel dazu. Aus einem Fahnentuch fertigte sie einen Umhang und versah den Saum mit alten Goldborten. Eine bunte Schärpe um die Mitte sowie eine vom Buben selbst gebastelte goldene Papierkrone vervollständigten den kindlichen Königsornat. Der Jüngere wollte seinem Bruder in nichts nachstehen und ließ sich von seiner Mutter als Prinz verkleiden. Als die beiden kleinen Könige beim Spielen das Wohnzimmer zum Thronsaal verwandelten und die Eltern sie schmunzelnd betrachteten, sagte Frau Pollheimer ganz beiläufig zu ihrem Mann: “Wenn wir nun einen dritten Buben hätten, könnten sie miteinander sternsingen gehen.” Sie sollte nicht im Mindesten ahnen, was sie damit einst auslösen würde. In der Nachbarschaft wurde ein dritter Bub aufgetrieben und eingekleidet. Franz Pollheimer, der das Sternsingen aus seiner Obersteirischen Heimat kannte, sorgte sich darum, dass ein paar Lieder herbeigeschafft und erlernt wurden. Seine Frau bastelte noch einen goldenen Stern. Und dann machte sich die kleine Gesandtschaft auf zu den Nachbarn. Es muss eine freudige Überraschung gewesen sein. Viele Menschen waren damals vor Freude gerührt und dankbar, dass ihnen die Buben singend und spielend eine frohe Botschaft brachten. Sie trugen den Stern in die Welt und machten damit das Wien der Nachkriegszeit ein klein wenig heller.
Was mit den Pollheimers im Winter 1946/47 begann, fand in den Jahren darauf Anklang in den umliegenden Pfarren. Man sammelte für einen sozialen Zweck, anfangs für den Wiederaufbau des Wiener Stephansdoms. Seit 1954 organisiert die Katholische Jungschar das Sternsingen. Die Dreikönigsaktion ist mittlerweile die größte jährlich stattfindende Hilfsaktion in Österreich – 2016 wurden 16,7 Mio Euro „ersungen“. Unter dem Motto „Kinder helfen Kindern“ unterstützt die DKA mit den gesammelten Spenden rund 500 Projekte in 20 verschiedenen Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Neben dem Geld darf allerdings nicht vergessen werden, dass heute rund 85.000 Kinder singend von Haus zu Haus ziehen, den Segen Gottes zu den Menschen bringen und die Frohe Botschaft in der Welt verkünden.
Auch bei uns in der Pfarre sind jedes Jahr viele Jungschar-Kinder und andere, begleitet von Jugendlichen unterwegs. Bei Wind und Wetter ziehen sie durch die Straßen von Lainz und Speising, gehen zu jedem Haus und klopfen an jeder Tür. Sie sind ein lebendiges Zeichen dafür, dass die Botschaft der Liebe sich voller Freude und Begeisterung auf den Weg macht – eine Botschaft, die unsere Stadt, unser Land, ja die ganze Welt verwandeln will in das Licht und den Glanz eines Kindes, unseres Herrn und Gottes, Jesus Christus, dessen Erscheinung wir am 6. Jänner feiern.
P. Philipp Görtz SJ
zum Downloaden: Mitteilungsblatt Jänner 2017