Mitteilungsblatt Juni 2022

​Was ich von Kindern lerne


Vergangenen Samstag haben wir die Erstkommunion von vierundvierzig Kindern gefeiert. Mit dem Mikrophon bin ich von Kind zu Kind gegangen, und jedes der Kinder hat seinen Namen genannt. Die Namen waren sehr verschieden, noch unterschiedlicher aber waren der Klang der Sprache, die Lautstärke und Melodie. Eine erstaunliche Vielfalt hat sich zu erkennen gegeben, allein schon im Aussprechen des Namens. In dieser Vielfalt liegen auch ein ganz eigener Zauber und ein Geheimnis. Denn wenn wir beim Namen gerufen werden, wird immer ein ganz bestimmter Mensch gerufen. Kindern ist es sehr wichtig, beim Namen gerufen zu werden.
Zur Vorbereitung auf die Erste Kommunion hat auch das Backen von Brot gehört. Das war bei uns ein bisschen ungewöhnlich. Gestaltet wurde die Vorbereitung von zwei Künstlern, von Miriam Laussegger und Götz Bury. Miriam gab die Anleitung zum Mischen von Mehl, Wasser und Öl. Dann hat jedes Kind seine Masse geknetet, eine Arbeit, der sie sich mit Hingabe gewidmet haben. Und schließlich das Backen. Dazu wurden von Götz mitgebrachte alte Bügeleisen verwendet, ideal geeignet mit ihren heißen Platten. Ich habe den Kindern in der Erstkommunionsmesse die Priesterhostie gezeigt, in einer innen vergoldeten Schale gelegen hat sie sehr kostbar gewirkt und mit ihrer Größe beeindruckt. Dann kam die Frage: Was ist in diesem Brot enthalten? Die Antworten waren vielfältig wie die Namen der Kinder. Die materiellen Bestandteile wurden aufgezählt, aber auch anderes, das in dieses Brot eingegangen ist, Liebe, Ausdauer, Stress, Vertrauen. Wenn all das in dem Brot enthalten ist, dann ist damit schon eine Brücke geschlagen zum Geheimnis der leibhaftigen Gegenwart Jesu Christi, zur Gegenwart seiner Liebe, seines Mühens um uns (echter Stress) und seiner Ausdauer.
Die Fürbitten wurden von den Kindern spontan gesprochen. Da tat sich eine erstaunliche Welt auf, Mitgefühl mit vielem, das dem Blick der Erwachsenen oft entgeht. Die Kinder baten für die notleidenden Menschen in den Kriegen, für die Kinder in der Ukraine, für hungernde Kinder, für gefährdete Tiere und Pflanzen, für Schweine auf Spaltböden, für Verstorbene, für Geschwister und Eltern, für alte und kranke Menschen, für ihre Haustiere (zwei Schildkröten und eine Katze namens Kleopatra), für eine Katze, die kastriert werden soll, dass das ohne Schmerzen für das Tier geschehe, und für vieles andere.
Auch ich bin ein Kind gewesen. Ich habe das Glück gehabt, dass ich mich als Kind frei entfalten konnte, in kein Schema gepresst worden bin und mit all den damit verbundenen Nöten und Unsicherheiten meinen Weg finden konnte. Ich habe das Kind in mir, das Wesen mit seinem wachen Geist für den richtigen Weg, nie verloren. Bis jetzt ist es mein kostbarer Schatz. Kinder sind in unserer Gesellschaft ein äußerst kostbarer Schatz. Sie zeigen uns, den Erwachsenen, einen anderen Zugang zum Leben als jenen, der in einer auf Funktionalität, Leistung und Konsum ausgerichteten Erwachsenenwelt eingeübt worden ist.
Ein schönes Pfingstfest!
Gustav Schörghofer SJ