Mitteilungsblatt Mai 2024

​MAI MARIA

Ich bin nicht kirchlich sozialisiert aufgewachsen.

Die Außenwelt hielt mich lange von Maria fern, und in Anlehnung an Worte von Augustinus wage ich heute zu sagen: Du Maria, brachst meine Taubheit. Du schlugst meine Blindheit in die Flucht. Ich schöpfte Atem zu dir hin. Du berührtest mich und ich entbrannte in deinen Frieden…
Maria bricht aus im Magnificat, das von einer Bewegung singt und betet, die eher eine Revolution meint: Er stürzt die Mächtigen vom Thron …
Auch später – so scheint es mir – bleibt die Marienfrömmigkeit anarchisch; nicht zu zähmen.
Und bis heute bleibt in der Marienfrömmigkeit eine Erinnerung an die große Mutter Erde, ja die weibliche Seite Gottes bleibt gewahrt.
Das Marianische ist für mich heute das Zeichen der großen, ja der größten aller dem Menschen möglichen Hoffnung.
Feiern wir nicht bei jedem Fest der Gottesmutter Maria die Erinnerung und Beziehung zur Mutter Jesu und glauben und freuen uns d a r ü b e r, dass Gott einen neuen Anfang gesetzt hat? Und zwar einen Anfang, der uns nicht nur an diesem je besonderen Tag, sondern an jedem Tag unseres Lebens dazu einlädt, neu zu beginnen?
Wir freuen uns darüber, dass Gott diesen Anfang ganz unten ansetzt; nicht im Kaiserhaus in Rom, nicht in der Königsburg des Herodes, sondern irgendwo auf dem Lande, in einem irgendwie so vergessenen Winkel der Heilsgeschichte, dass uns die Erzählungen wie Märchen vorkommen.
Eine einfache junge Frau aus dem Volk…vertraut bis zur Verwegenheit: das unverdorbene Konzept Gottes vom Menschen leuchtet auf mit Maria…bricht durch…ist nie mehr auslöschbar…
Sie lernt in all ihren Erfahrungen den Weg nach innen, alles was geschieht im Herzen zu bewahren, dort zu erwägen u n d darüber nach zu denken, zu STAUNEN über einen Gott…wie es der Psalm 139 ausdrückt…„der mich von allen Seiten umschließt und der seine Hand auf mich legt...“
Gott, Vater – ist auch Mutter…nur das Zärtlichste und Persönlichste im Menschen kann das ansatzweise beschreiben: einen Gott, der sich in seinem Sohn von einer irdischen Mutter umschließen und berühren ließ, damit er uns alle zärtlich berühre und zutiefst bewege…
… das wird Maria nicht mehr vergessen: immer wieder nahm sie auf, was sie erlebte, was sie sah…nahm auf, was sie hörte; sie registriert nicht nur: sie bewegt es im Herzen und denkt darüber nach, sucht Zusammenhänge, erkennt Linien, kann Rätselhaftes stehen lassen, weil das ja andere auch immer wieder erlebt haben in der langen Geschichte ihres Volkes…
Die Gnade ist stärker als alle Schwerkraft…eine junge Frau…Mirjam/Maria…sagte ja…mir geschehe…ich vertraue: der Weg einer langen Reise beginnt…für Maria…für die Menschheit…
Ist mit Maria…eine neue Zeit angebrochen?…die mehr erinnern will an den Segen des Anfangs, an das Staunen: Unsere Seele braucht das Staunen…das immer wieder erneute Freiwerden von Gewohnheiten, Sichtweisen, Überzeugungen, die sich wie Fettschichten, unberührbar und unempfindlich, um uns lagern…
Wir brauchen ein Berührt werden vom Geist des Lebens…
Peter Fritzer SJ