Liebe Pfarrgemeinde!
Jahreskarten, gut für Leib und Seele. Ich hoffe, dass Sie eine oder mehrere Jahreskarten haben. Ich habe im Moment zwei, weil ich mehr nicht schaffe. Gesetzt ist der Tierpark Schönbrunn. Immer ein guter Anlass für einen Spaziergang. Die Tiere sind dabei eine nette Dreingabe. Ich mache es mir zur Aufgabe bei jedem Besuch etwas Neues zu entdecken. Das schärft die Aufmerksamkeit. Wunderbar.
Letztes Jahr war ich regelmäßig im Naturhistorischen Museum. Meine Favoriten: Meteoriten, Hallstadt, die Entwicklung des Menschen. Bewegt haben mich nachhaltig zwei Dinge: Das Schwert ist das erste Werkzeug, das ausschließlich zum Töten von Menschen erfunden wurde und die anatomischen Kosten für unseren großen Kopf und den aufrechten Gang.
Palmenhaus und Wüstenhaus hatte ich auch. Da sind mir die freilebenden Frösche hängen geblieben, die man mit viel Glück sehen kann, sowie die Sammelwut unserer Vorfahren. Es ist wie bei einem dynamischen Modell. Es gibt eine Anregung und es gibt die Antwort dazu. Manchmal gibt es Verstärkungen und manchmal Auslöschungen. Vergessen Sie hier den Begriff Resonanz, denn der beschreibt nur einen Sonderfall. Der Rest ist genauso interessant. Achten Sie im Nachgang der Betrachtung auf sich und Sie werden etwas über sich selbst lernen und wahrscheinlich auch etwas zu den großen Fragen des Lebens.
Dieses Jahr habe ich eine Jahreskarte für das Kunsthistorische Museum. Auf die ägyptische Sammlung hatte ich mich gefreut, aber dann haben mich die Mumien doch sehr irritiert. Was mich aber wirklich getroffen hat, das sind die Bilder. Bilder die zum Beispiel von innen heraus leuchten. Techniken, die nichts an ihrer Wirkung verloren haben. Damals muss der Effekt noch stärker gewesen sein.
Ich möchte einen Stab brechen für die Jahreskarten. Ich denke, dass man öfter ins Museum gehen muss, oder in den Tiergarten. Man muss mit den Dingen vertraut werden. Man muss seine Lieblinge besuchen, Freundschaften auffrischen und neue Bekanntschaften machen. Jedes Mal ist man anders gestimmt und jedes Mal ist es eine andere stille Zwiesprache. Neben einer Schwäche für Vermeer, schaue ich immer auch bei der Berufung des Apostels Matthias vorbei (Jan Sanders van Hemessen). Ich sage jetzt nichts zu diesen Bildern. Es sind zwei. Besuchen Sie sie und stellen sich der Frage nach Berufung und Nachfolge. Es muss ja nicht eine Lebensentscheidung sein. Es kann auch um eine kleine Aufgabe gehen. Was sehen Sie, was fühlen Sie, wie entscheiden Sie? Besuchen Sie den Matthias – oder vielleicht doch eher Jesus?
Vielleicht ein Projekt für den November. Besuchen Sie ein Museum, oder noch besser, besorgen Sie sich eine Jahreskarte und nutzen die Besuche ganz bewusst auch zur inneren Einkehr. Übrigens, eine Lebenskarte haben Sie seit der Taufe – die für die Kirche.
Glück auf!
Ihr P. Stefan Hengst SJ
zum Downloaden: Mitteilungsblatt November 2024